Antworten auf unserer Fragen zur
ZUR LANDTAGSWAHL 2023
Liebe Dillkreisjägerinnen und Dillkreisjäger,
am Sonntag wird ein neuer Landtag gewählt. Zu aktuellen Fragen von Jagd und Wild in Hessen hat der
LJV umfassende Wahlprüfsteine erarbeitet und die Antworten der Parteien im HessenJäger und auf seiner Homepage veröffentlicht. Einige Jagdvereine haben jagdpolitische Podiumsdiskussionen oder Informationsveranstaltungen mit ihren Wahlkreiskandidaten durchgeführt. Wir haben uns als Vertreter der Jägerschaft im alten Dillkreis dafür entschieden, zu den drängenden Fragen von Jagd und Wild unseren Dialog mit der Fraktionsvorsitzenden der Regierungspartei CDU im Hessischen Landtag fortzusetzen (s. unseren ges. Newsletter) und allen Bewerbern um das Direktmandat im heimischen Wahlkreis 16 drei grundsätzliche Fragen zu stellen:
Frage 1:
Welche Bedeutung hat die Jagd aus Ihrer Sicht? Ist Jagd bloß ein persönliches Freizeithobby oder ein durch eine Vielzahl von Rechtsnormen geregelter Aufgabenbereich eines praktizierten Natur- und Artenschutzes und gleicht aufgrund der gesetzlichen Pflichten und fachlichen Anforderungen an die privaten und berufsmäßigen Jäger immer mehr einer ehrenamtlich geleisteten öffentlichen Aufgabe für unsere Gesellschaft?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Hegepflicht im bisherigen Umfange uneingeschränkt bestehen bleibt?
Frage 2:
Hegegemeinschaften sind ein zentrales Koordinierungs- und Steuerungsinstrument für ein nachhaltiges Wildtiermanagement und die jagdbezirksübergreifende Bejagung und Hege nach einheitlichen Grundsätzen, deren räumlicher Geltungsbereich immer durch eine behördliche Entscheidung vorgegeben ist.
Hierzu hat der Gesetzgeber im Hessischen Jagdgesetz (HJagdG) die gemeinsame Pflichtmitgliedschaft nicht nur der Jäger (Jagdausübungsberechtigten), sondern auch von Jagdrechtsinhabern wie Kommunen oder Haubergsgenossenschaften sowie der Forstbehörde (als Sachwalter des Staatswaldes) verankert. In der im Oktober 2022 novellierten Hessischen Jagdverordnung (HJagdV) sind dagegen dieser Zusammenschluss der gesetzlich bestimmten Personen und Vereinigungen nur noch als “Soll-Vorschrift” und der zuvor obligatorische Aufgabenbereich der Hegegemeinschaften nur noch als “Kann-Bestimmung” festgelegt.
Entgegen der, z. B. von unserem Landesjagdverband vertretenen, Meinung, Rechtsnormen in einem vom Parlament beschlossenen Gesetz gingen immer den von Ministerien erlassenen Verordnungsregelungen vor, vertritt das Umweltministerium zur Frage der Pflichtmitgliedschaft eine völlig gegensätzliche Rechtsaufassung und stellt sich damit über den Gesetzgeber:.”…Nach § 9 HJagdG sind hessische Hegegemeinschaften nicht ausdrücklich öffentlich-rechtlich organisiert…deshalb ist eine Zwangsmitgliedschaft rechtlich unzulässig, sondern der Ein- bzw. Austritt kann nur auf freiwilliger Basis beruhen …” (Dienstbesprechung der hess. Jagdbehörden am 15. 11. 2022; Prot.).
Werden Sie diese Demontage der Hegegemeinschaften nicht hinnehmen und sich dafür einsetzen, dass die hessischen Hegegemeinschaften einen sicheren Rechtsstatus erhalten, der uneingeschränkt der Gesetzeslage in § 9 HJagdG entspricht?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Aufgabenerfüllung und die Finanzierungsgrundlagen wieder mindestens den Regelungsstand vor Novellierung der HJagdV erreichen?
Frage 3:
Jägerinnen und Jäger dürfen über Schusswaffen verfügen – nicht für den Schießsport, sondern sachnotwendig als gesetzlich vorgeschriebenes “Handwerksgerät” zur ordnungsgemäßen Jagdausübung und Erfüllung der behördlich verfügten Wildabschüsse.
Werden Sie sich über Ihre Partei und bei der Landesregierung dafür einsetzen, dass es für die legalwaffenbesitzende Jägerschaft auf Bundes- bzw. Landesebene zu keiner Verschärfung des Waffenrechts und keinen weiteren Beschränkungen bei der Durchführung des Waffengesetzes kommt und das bestehende Waffenerwerbs- und -besitzrecht der Jäger beibehalten wird?
Bis heute haben uns aus dem Kandidatenkreis der FDP, der Grünen, der AfD und der FW folgende Antworten erreicht, über die wir Sie (in der Reihenfolge des Eingangs) informieren möchten:
Anna-Lena Benner-Berns (FDP)
Zu Frage 1:
Jagd ist aus meiner Sicht aktiv gelebter Natur- und Artenschutz. Jägerinnen und Jäger übernehmen ehrenamtlich während ihrer Freizeit eine Vielzahl von gesellschaftlichen Leistungen. Dieses private Engagement gilt es politisch zu stärken, statt der Jägerschaft immer neue Steine in den Weg zu legen. Wir Freie Demokraten haben uns in den vergangenen Legislaturperioden für die Belange der Jägerinnen und Jäger und des gesamten ländlichen Raumes intensiv eingesetzt. Die Klage gegen die Jagdverordnung, der Druck auf die Landesregierung bei der letzten Novelle der Jagdverordnung oder beim Gesetz zum Nationalen Naturmonument “Grünes Band Hessen” sind dabei nur ein Teil, bei dem wir uns sachorientiert und auf wissenschaftlicher Basis für die Menschen im ländlichen Raum stark gemacht haben. Viele Entscheidungen der Schwarz -Grünen Koalition zeigen, dass dem Koalitionsfrieden zuliebe der ländliche Raum und seine Bedürfnisse geopfert wurden. Wir wollen den Jägerinnen und Jägern und den Menschen des ländlichen Raumes wieder eine Stimme geben.
Zu Frage 2:
Ja. Die angesprochenen Änderungen durch die novellierte Jagdverordnung hat die FDP-Landtagsfraktion damals deutlich kritisiert. Wir werden dafür sorgen, dass die Pflicht zur Bildung von Hegegemeinschaften gemäß § 10a BJagdG in Verbindung mit § 9 HJagdG gesetzlich verankert bleibt und ein Austritt aus einer Hegegemeinschaft gesetzlich untersagt wird. Wir werden uns außerdem dafür einsetzen, dass die gesetzlich (§§ 21, 26, 26a, 26b, 27 und 30 HJagdG) verankerten Aufgabenbereiche der Hegegemeinschaften erhalten bleiben
Zu Frage 3:
Wir Freie Demokraten sind der Überzeugung, dass es keine Verschärfung des Waffenrechts, sondern eine bessere Durchsetzung des bestehenden Rechts braucht. Die FDP-Bundestagsfraktion hat deshalb öffentlichkeitswirksam deutlich gemacht, dass sie Verschärfungen des Waffenrechts zu Lasten der Jägerinnen und Jäger, wie sie Bundesinnenministerin Faeser ursprünglich geplant hat, nicht mittragen wird. Eine Gefahr für die Bevölkerung geht eher von der großen Zahl der illegalen Schusswaffen aus, bei denen eine Waffenrechtsverschärfung keine Wirkung hätte. Zur Bekämpfung von Waffenkriminalität ist es aus unserer Sicht am wichtigsten, Besitz und Handel von illegalen Waffen effektiver zu bekämpfen.
Dennoch gab es in jüngerer Vergangenheit Fälle, in denen Extremisten über legalen Waffenbesitz verfügt haben. Dass es Extremisten gibt, die im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind, liegt zum einen daran, dass die örtlichen Waffenbehörden personell und technisch teilweise sehr schlecht ausgestattet sind, so dass sie neben dem Antragsaufkommen keine ausreichende Kontrolle der bisherigen Erlaubnisinhaber gewährleisten können. Hier sind die Länder in der Pflicht, die Behörden besser auszustatten. Zum anderen verfügen die örtlichen Waffenbehörden nicht über die nötigen Erkenntnisse, um Reichsbürger und andere Extremisten zu erkennen und zügig zu handeln. Hierzu müsste zunächst der Datenaustausch von Gerichten, Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften mit den Waffenbehörden verbessert werden. Eine Verschärfung des Waffenrechts zur Entwaffnung so genannter Reichsbürger ist nicht notwendig.
Murad Altun (FW; Hinweis: die FWG Lahn-Dill hat uns mitgeteilt, dass sie sich nicht an den Landtagswahlen beteiligt)
Zu Frage 1:
Wie schon an der Kampagne “Wolf” zu erkennen ist, setzen sich die Freie Wähler Hessen selbstverständlich für den Erhalt der Hegepflicht sowohl im bisherigen Umfang ein. Eine Ausweitung beispielsweise in der Thematik “Wolf” verfolgen wir aktuell in unserem Wahlprogramm und werden uns, insofern wir in den Landtag einziehen, hierfür im Landtag dafür auch einsetzen.
Zu Frage 2:
Im Bundesrecht (und entsprechend im Landesrecht) unterscheidet man zwischen mehreren verschiedenen Normentypen. Diese sind nach folgender Normenhierarchie geordnet: Höchste Norm des Bundesrechts ist die Verfassung, d. h. das Grundgesetz. Unmittelbar darunter sind die einfachen Bundesgesetze einzuordnen. Es folgen Rechtsverordnungen, Satzungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften. Im Fall von Widersprüchen gehen höherrangige Normen den niederrangigen vor. § 9 HJagdG – Hegegemeinschaft (es folgt Wortlaut Abs. 1 u. 2; d. Red.). Unserer Auffassung nach entsteht hier eine gesetzliche Pflicht, Hegemeinschaften zu bilden, insofern zusammenhängende Jagdbezirke einen bestimmten, gemeinsamen Lebensraum für Wild umfassen.
Zu 3:
Eine Verschärfung des Waffengesetzes muss man im Einzelfall prüfen und bewerten lassen. Aus heutiger Sicht sehen wir keinen Verschärfungsbedarf im Bereich der Jägerinnen und Jäger.
Lothar Mulch (AfD)
Zu Frage 1:
Natürlich ist Jagd auch immer Leidenschaft, sollte Leidenschaft sein. Wie könnte der Jäger ansonsten Zeit, Geld, Strapazen und Entbehrungen auf sich nehmen. Aber er tut das eben nicht nur „für sich“, sondern er erledigt eine Aufgabe. Dadurch unterscheidet sich das Tun des Jägers vom Hobby. Dieses Tun kommt allen zugute. Gerade das aktuelle Beispiel der Schweinepest macht wieder einmal deutlich, wie wichtig ein funktionierendes Jagdwesen für die öffentlichen Belange ist. Ein weiteres Beispiel ist die Bejagung des Schalenwildes, die mit ein Erfolgsfaktor ist für die Projekte, mit denen wir unsere Wälder wieder aufforsten wollen. Dazu müssen wir nicht in den Harz fahren. Der Wald ist, wenn überhaupt noch vorhanden, gerade im Bereich der Dill, in einem furchtbaren Zustand. Wir reden hier von Generationenprojekten. Und die werden wir ohne die Jäger nicht meistern. Bei der Hege werde ich mich stets im Interesse der Jägerschaft einsetzen.
Zu Frage 2:
Zunächst einmal teile ich Ihre Rechtsauffassung. Eine revierübergreifende Koordination ist zielführend. Die Bildung einer Hegegemeinschaft muss verpflichtend sein. Dem zufolge müssen Schlupflöcher durch „Soll- und Kannbestimmungen“ gestopft werden. Das entspricht auch dem Standpunkt meines Landesverbandes. Ich werde mich im Interesse der Jägerschaft entsprechend einsetzen.
Zu Frage 3:
Seit jeher verwehre ich mich gegen Forderungen nach einer Verschärfung des Waffenrechtes, die insbesondere nach mit Schusswaffen begangenen Amoktaten reflexartig erhoben werden und die insbesondere die legalen Waffenbesitzer und damit auch die Jäger treffen. Deutschland hat mit die strengsten waffenrechtlichen Vorschriften in Europa. Wer sich in diesem Lande dazu entschlossen hat, Jäger zu sein, muss auch die Möglichkeit haben, die erforderlichen Waffen zu erwerben und zu besitzen. Mit mir wird es keine, wie auch immer geartete Regelung geben, die im Ergebnis dazu führt, dass Waffenerwerb oder Waffenbesitz für Jäger eingeschränkt werden und dadurch die Ausübung des Waidwerks behindert wird. Ich werde mich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln einer Verschärfung des Waffenrechts entgegenstemmen.
Reiner Dworschak (Grüne)
Zu Frage 1:
Die Jagd ist ein essentieller Faktor für den Fortbestand unserer Wälder. Hessen ist mit etwa 42% Waldfläche eines der waldreichen Bundesländer. Trockenheit und Dürren der letzten Jahre haben unsere Wälder enorm strapaziert und stellen Waldbesitzende vor große Herausforderungen. Die Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen und der Umbau der bestehenden Waldflächen hin zu einem klimaresilienten und angepassten Baumbestand wird eine Aufgabe für mehr als eine Generation. Die Jagd ist dabei von essentieller Notwendigkeit, um durch geeignete Maßnahmen für eine Bestandsregulierung des Wildvorkommens diesen Prozess zu begleiten und zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund danke ich Ihnen ganz herzlich für Ihr Engagement.
Dies vorangestellt möchte ich gerne noch detaillierter auf Ihre aufgeworfenen Fragen eingehen.
Jagd ist für uns angewandter Naturschutz und intensives Naturerleben zugleich. Wie bereits dargestellt kommt der Jagd bei den Bemühungen um Wiederbewaldung und Waldumbau hin zu klimaresilienten Mischwäldern eine besondere Bedeutung zu. Ohne das große ehrenamtliche Engagement der Jägerschaft wären diese Aufgaben nicht zu bewerkstelligen. Jagd ist daher weitaus mehr als Hobby und Vergnügen. Neben dem Klimawandel ist der Rückgang der Artenvielfalt die zweite große ökologische Herausforderung, die unser aller Lebensgrundlagen bedroht. Neben der Hege ist daher auch die Pflege der Wildbestände eine wichtige Aufgabe, der Sie gewissenhaft nachgehen. Mir ist bewusst, dass sich Jagd daher immer im Spannungsfeld verschiedener notwendiger Belange bewegt und sich in einem Ausgleich der Interessen und der Würdigung des ehrenamtlichen Engagements befindet. Seien Sie versichert, dass mir die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung dabei bewusst ist. Jägerinnen und Jäger übernehmen mit ihrer Jagdtätigkeit eine wichtige Aufgabe für Tierschutz, Klima- und Umweltschutz. Sie stellen mit Wildbret auch ein hochwertiges und zugleich ökologisches (gesundes) Lebensmittel bereit.
Zu Frage 2:
Die Herausforderungen durch Klimawandel und Artenrückgang bedeuten auch neue Herausforderungen für Jägerinnen und Jäger. Abschussplanungen müssen je nach regionalen Gegebenheiten angepasst und überdacht werden. Den Hegegemeinschaften kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. §10a BJagdG regelt die Bildung von Hegegemeinschaften als privatrechtlichen Zusammenschluss. Die Umsetzung im Landesrecht ist, wie von Ihnen dargestellt, im §9 des Hessischen Jagdgesetzes geregelt. Mit der Novellierung der HJagdV hat die hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Priska Hinz, (nur) die längst überfällige Anpassung an das Bundesrecht vorgenommen.
Unserer Auffassung nach sollte der Staat nicht über Gebühr in die Eigenverantwortung der Jagdausübungsberechtigten bei der Bildung von Hegegemeinschaften eingreifen. Hegegemeinschaften haben sich zur Abstimmung und fachlichen Beratung bewährt und sind daher aus unserer Sicht in ihren aktuell verankerten Aufgabenbereichen zu erhalten. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass Abschusspläne neben wildbiologischen auch lebensraumorientierte Grundlagen bei der Aufstellung berücksichtigen und dazu beitragen, den oben angesprochenen ökologischen Herausforderungen gerecht zu werden. Zur verantwortungsvollen Abstimmung zwischen Jagdausübungsberechtigtem, Jagdrechtsinhaber und Landnutzenden gehört für uns auch, dass die Abschussplanung für das Rehwild entbürokratisiert wird.
Zu Frage 3:
Jägerinnen und Jäger haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie verantwortungsvoll mit ihren Waffen umgehen, die bestehenden Regularien einhalten und konstruktiv mit den Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. Wir können daher stolz darauf sein, dass der
Missbrauch von Waffen und Waffengewalt in unserem Land die absolute Ausnahme sind. Grundlage dafür ist die Zuverlässigkeitsprüfung von Waffenbesitzenden. Die Zuverlässigkeitsprüfung muss dabei als dynamisches Instrument gesehen werden, dass sich anhand von Erfahrungen an permanent ändernde Rahmenbedingungen anpasst. Gleichzeitig muss die Prüfung auch zukünftig möglichst unbürokratisch erfolgen und sich auf die notwendigen Punkte beschränken. Für eine Verschärfung des Waffenrechts müssen daher immer wichtige Gründe angeführt werden, die wir aktuell nicht sehen.
Nutzen Sie am Sonntag Ihr Wahlrecht und geben Sie Ihre Stimme ab!
Beste Grüße und Waidmannsheil
Ihr/Euer Vorstandsteam der Dillkreisjäger
Dr. Rudolf Schönhofen, Jochen Decher, Michael Kampmann, Thomas Schäfer, Emilia Heister, Sabine Henrich, Patrick Noriega und Andreas Lehmann